Eure Fragen an den Priester

In den vergangenen Monaten habt Ihr mir viele Fragen für Franziskus geschickt. Die meisten wurden beantwortet, aber nicht alle — die folgen jetzt.

Valerie
Valerie und der Priester

--

Fragen, Fragen, Fragen von Euch — Antworten, Antworten, Antworten von Franziskus

Am Anfang habe ich es Euch versprochen: Schickt mir Eure Fragen, ich werde sie Franziskus stellen, ausnahmslos! Viele Fragen wurden durch die Artikel oder Videos der vergangenen Monate beantwortet, einige wurden nur angerissen oder blieben offen. Gesammelt habe ich sie aber alle — und jetzt stelle ich sie endlich Franziskus.

„Das ist ja ein Rundumschlag!“, ruft der Priester während des Interviews. Ja, das ist es, ich frage alles hintereinander weg: Welche Visionen hat Franziskus von der katholischen Kirche? Ist die innerkirchliche Lagerbildung ein Problem? Wie betet Franziskus mit Kindern? Was würde passieren, wenn er nicht mehr beten würde? Gibt es homosexuelle Gläubige in seiner Gemeinde? Was hält er von Alleinerziehenden?

All das — und was Ihr sonst so gefragt habt ­– erfahrt Ihr jetzt. Los geht’s!

Sollten Priester und Bischöfe eins zu eins die Lehre der römisch-katholischen Kirche, wie sie im Katechismus dargelegt ist, vertreten?

Das ist eine schöne Frage: Ja und nein. Ja in Bezug auf den Inhalt, weil die Lehre nicht verwischt werden sollte. Nein bezüglich der Form. Die menschliche Realität muss mehr mit hineinspielen, sie muss verständlicher gemacht werden.

Siehst Du ein Defizit in dieser Angelegenheit, besonders in Deutschland?

Ja.

Aus Franziskus’ Bücherregal

Wie könnte man dem entgegenwirken?

Lesen Sie Erik Flügge.

Wir lachen — Erik ist der Ideengeber zu „Valerie und der Priester“, und er hat das Buch „Der Jargon der Betroffenheit. Warum die katholische Kirche an ihrer Sprache verreckt“ geschrieben. Er mischt den ganzen katholischen Laden ein bisschen auf.

Ich hab es noch nicht gelesen, aber es hilft bestimmt.

Erik schreibt über die Form. Siehst Du auch ein Defizit in Bezug auf die inhaltliche Wiedergabe?

Ich finde es schon bedenkenswert und schade, wenn die Leute sagen, wir können einfach machen, was wir wollen. Nein, können wir nicht. Wir müssen versuchen, den Anspruch, den die Lehre der Kirche uns gibt, als Messlatte zu nehmen. In den 1970ern und 1980ern haben da viele anders gedacht, zum Beispiel andere Texte in der Liturgie verwendet. Jetzt hat sich das wieder verändert. Als ich beispielsweise Liturgie-Vorschläge für die Sternsinger-Aktion bekommen habe, waren es wieder genau die Texte, die im Messbuch stehen.

Was meinst Du genau: In welchen Punkten vertreten einige Priester in Deutschland nicht die Lehre der römisch-katholischen Kirche?

In der Liturgie zum Beispiel, aber auch bei einigen Dogmen.

Was für Dogmen?

Die unbefleckte Empfängnis Mariens oder das Dogma der Unfehlbarkeit. Das sind Dinge, die man erklären muss, aber dann wird es auch verständlich.

Hier hat eine Leserin geschrieben, die alleinerziehend ist und das jahrelang als Stigma empfunden hat. Es kostete sie viel Überwindung, in der Gemeinde Dienste zu übernehmen. Die Frage ist, was Du von Alleinerziehenden hältst?

Ich finde es schlimm, wenn sie das so erfahren hat. Alleinerziehende sind in unserer Gesellschaft die, die mit am stärksten benachteiligt sind. Sie müssen ihre Kinder erziehen, arbeiten, haben keinen Partner an der Seite — und auch keine Zeit, einen neuen zu finden. Und eben weil es schon extrem fordernd ist, alleinerziehend zu sein, ist die Gemeinde wichtig. Sie sollte ihr unter die Arme greifen und zeigen: Wir brauchen Dich und wir wollen für Dich da sein.

Was sagen Deine Eltern zu Deiner Berufswahl?

Sie freuen sich sehr, unterstützen und beten für mich.

Welchen Sport treibst Du?

Ich versuche, zweimal die Woche zu laufen und ins Fitnessstudio zu gehen. Laufen klappt meistens einmal, Fitnessstudio alle zwei Wochen.

Was sind sonst Deine Hobbys, und hast Du Zeit, sie auszuüben?

Gitarre spielen seit einem halben Jahr, da hatte ich schon ein bisschen Zeit zu üben. Ich wandere sehr gerne und gehe gerne raus. Und es gelingt auch immer wieder mal, dafür Zeit zu haben.

Was war Dein eindrücklichstes Erlebnis mit Gott?

Die Frage ist schwer, weil ich so viele habe. Aber vielleicht war es in Neuseeland. Da war ich allein unterwegs, es hat in Strömen geregnet, sodass sich ein reißender Bach gebildet hat. Ich bin gestürzt, wurde mitgerissen und bin auf Wasserfälle zugetrieben, ich sah sie schon. Aber irgendwie wurde ich ans Ufer gespült, wo ich Halt fand. Da habe ich echt dem Tod ins Auge geschaut und gleichzeitig bemerkt, dass Gott da ist. Als ich gerettet war, wurde mir klar, dass ich einen Schutzengel hatte.

Hast Du schon echte Wunder erlebt?

Bei einem Gebetsabend haben wir für eine junge Frau gebetet, die eine Sehschwäche hatte. Als wir hinausgingen, konnte sie die Sterne sehen — zum ersten Mal. Das war nicht erklärbar und ein Ereignis, das man heutzutage klassischerweise ein Wunder nennt. Aber es gibt natürlich noch mehr.

Was?

Für mich sind vor allem Wunder, wenn Menschen sich total verändern, wenn sie wie verwandelt ihr Leben in Griff kriegen. Das erlebe ich immer wieder.

Was sind für Dich authentische christliche Gemeinden und Lebensformen?

Mmh, ich weiß nicht, was genau gemeint ist, jede Lebensform ist authentisch. Aber in authentischen christlichen Gemeinden ist die Freude des Glaubens spürbar, und alle sind willkommen. Es gibt ein Gemeinschaftsgefühl, das nicht nur auf sich gegenseitig, sondern auf Gott ausgerichtet ist.

Hast Du einmal darüber nachgedacht, in einen Orden einzutreten?

Ja.

In welchen?

Ich habe mir darüber sehr viele Gedanken gemacht, bevor ich in die Gemeinschaft Emmanuel eingetreten bin: Oratorianer, Franziskaner und Benediktiner. Auch die Jesuiten, aber die sind mir zu intellektuell — oder ich bin ihnen zu wenig intellektuell.

Die Anbetungswiese in Częstochowa auf einem Vorbereitungstreffen von Franziskus Gemeinschaft Emmanuel vor dem Weltjugendtag in Krakau

Wieso hast Du Dich für die Gemeinschaft Emmanuel entschieden?

Zu ihnen fühlte ich mich hingezogen. Ich habe da eine Sehnsucht gespürt, ihre Gemeinschaft mitzuerleben. Da gehörte ich einfach hin.

Welche äußeren Kriterien sprechen für Dich für die Gemeinschaft?

Wir leben nicht zurückgezogen, sondern gehen in der Gesellschaft unseren normalen Berufen nach, ob Hebamme oder Lehrerin. Wir sind eine Gemeinschaft aller Lebensstände: Familien, Singles, Priester, Schwestern. Wir wirken zusammen, das ist für mich zentral. In den meisten Orden gibt es nur Priester oder nur Laien. Wir teilen in der Anbetung und im Lobpreis die gleiche Freude am Glauben.

Glaubst Du, dass auch Tiere in den Himmel kommen und erlöst werden?

Ich glaube, dass sie in den Himmel kommen, ob sie erlöst werden, weiß ich nicht. Ich glaube, das haben sie nicht nötig.

Wenn dem nicht so ist, wieso müssen dann so viele Tiere so viel Leid ertragen?

Dass sie so viel Leid ertragen müssen, ist Schuld des Menschen. Der Mensch versündigt sich an der Natur — von vorne bis hinten. Ich habe eben noch ein Leberwurstbrot gegessen. Aber von glücklichen Wildschweinen aus dem Wildwald.

Wie gestaltest Du Deine Gottesdienste?

Im Prinzip ist es schon immer der gleiche vorgegebene Ablauf. Ich versuche, immer wieder neue Elemente einzubauen. Manchmal hole ich zum Beispiel die Kinder nach vorn, damit wir gemeinsam das Vaterunser beten.

Zu welchen Themen predigst Du am liebsten?

Ich spreche gern darüber, dass wir Jesus auf ganz besondere Weise verbunden sind. Deswegen predige ich auch gern bei Taufen. Aber auch bei Beerdigungen predige ich über die Hoffnung: darüber, dass mit uns etwas passiert ist durch Jesus Christus. Liturgie erklären gefällt mir auch: Warum knien, warum die Hände waschen vor der Wandlung?

Kann man alle Probleme bei einem Priester beichten? Ihr seid ja keine Psychologen.

Man kann mit allen Problemen kommen, aber wir haben nicht die psychologische Sicht, sondern die seelsorgliche Sicht. Wir können aus unserer Perspektive etwas sagen, aber keine Therapie anbieten. Was wir in der Beichte geben können, ist die Vergebung der Sünden.

Wie betest Du mit anderen Menschen?

Vorher sage ich ihnen, dass wir jetzt beten, ich etwas vorbete und wir dann gemeinsam das Vaterunser beten würden. Dann bete ich frei, was mir im Herzen ist und im Kopf ist. Wenn die Leute auch etwas frei sagen wollen, können sie das tun — machen sie aber meistens nicht. Am Schluss machen wir das Kreuzzeichen.

Wie versuchst Du, junge Menschen für die Kirche zu begeistern?

Bei ihnen sein, mit ihnen sein, sie ernst nehmen und von dem erzählen, was mich erfüllt. Sie ermutigen, selbständige, frohe Menschen zu sein und zu werden.

Was sagst Du Kleinkindern, um ihnen das Beten näher zu bringen?

Es gibt die Telefonnummer zum lieben Gott. Das ist das Kreuzzeichen. Mit dem können wir Gott anrufen. Wir können zu ihm sprechen wie zu einer Person, und wir können ihm alles sagen, was uns beschäftigt. Wir können ihn bitten, ihm danken und ihn loben, mit ihm schimpfen — alles, was wir gerade spüren. Er hört alles, und es gibt nichts, das vor ihm peinlich sein kann.

Gab oder gibt es Freunde, die den von Dir eingeschlagenen Weg nicht verstehen oder nicht akzeptieren können?

Nicht verstehen, ja. Nicht akzeptieren, glaube ich nicht, zumindest keine Freunde.

Sind homosexuelle Gläubige willkommen in Eurer Gemeinde, und machen sie auch aktiv mit?

Ja. Aber das weiß sicherlich nicht jeder. Bei uns steht kein Schild: „Hier gibt es auch homosexuelle Leute.“ Jeder ist willkommen. Und es gibt welche, die aktiv dabei sind.

Wann bist Du während Deines Priester-Daseins einmal gescheitert?

Immer wieder in Predigten, wenn ich denke, das war jetzt mal wieder gar nichts. Und in Missverständnissen mit Mitarbeitern und Kollegen, in denen ich nicht weiterkomme und die irgendwie ungelöst bleiben.

Franziskus in seiner Heimatstadt Menden

Was ist Dir gelungen?

Menschen zu berühren und Berührung mit Gott zu erwirken, also als Werkzeug da zu sein, sodass sie Gott erfahren. Einfach so zu sein, wie ich bin und auch dazu zu stehen, dass ich nicht perfekt bin, sodass es Leute ermutigt, zu sein, wie sie sind. Mir fallen auch viele Projekte ein mit Menschen, irgendwelche Fahrten, Angebote, Gebetsabende, Kurse. Es gelingt ja zum Glück viel im Leben.

Wie gehst Du mit Zweifeln um?

Ich versuche, mich nicht entmutigen zu lassen, sondern den Blick zu weiten. Es gibt immer Dinge, die mir Freude machen, für die ich dankbar sein kann und die die Zweifel relativieren. Ich halte sie auch Gott hin, damit er mir hilft, da wieder herauszukommen.

Wie gehst Du damit um, dass man nicht immer Gottes Stimme hören kann?

Wahrscheinlich so wie jeder andere auch. Es nervt mich, ich reibe mich daran. Aber es bleibt am Ende immer noch das Licht am Ende des Tunnels. Mir ist jedoch immer bewusst, dass es wieder andere Momente geben wird: Ich werde wieder merken, ja, er hat mich, er führt mich, und ich kann seine Stimme hören.

Bist Du ökumenisch aktiv?

Hängt davon ab, was man aktiv nennt. Also ich arbeite zusammen mit evangelischen Pastoren. Aber es ist nicht mein Schwerpunkt, und es hat sich so ergeben. Das machen bei uns andere im Team.

Zeit fua Mittach!

Was ist das Reformationsjubiläum für Dich?

Eine Erinnerung. Ein wichtiger, zentralhistorischer Moment und ein Grund, sich mit der Entwicklung der Kirchengeschichte auseinanderzusetzen, mit den Vorteilen und Nachteilen, die die Reformation uns gebracht hat.

Ist das Gefühl belastend, Vorbild sein zu müssen?

Es ist schon eine Last, es ist eine Verantwortung. Das ist für alle Vorbilder so, zum Beispiel Lehrer. Es ist auch eine schöne Last. Man kann sie mit Freude auch tragen.

Wo holt man sich Unterstützung, wenn man keinen Partner hat?

Bei Freunden und Familie, bei Menschen, die einem wichtig sind. Und aus der Beziehung mit Gott.

Woran hast Du bei Deiner Arbeit am meisten Spaß, und worauf könntest Du verzichten?

Verzichten könnte ich auf den ganzen Abrechnungs-, Verwaltungskram. Am meisten Spaß macht die Arbeit mit Kindern. Kinder zu erleben, die sagen einfach, was sie denken.

Wenn Menschen sterben, triffst Du auf Angehörige, die nichts mit der Kirche zu tun haben. Wirst Du da auch angefeindet?

Oft werde ich komisch angeschaut. Aber ich weiß halt nie genau, warum. Liegt es an meiner Nase oder daran, dass ich jetzt katholisch bin? Deswegen begegne ich allen immer gleich. Entweder es bleibt oder es verflüchtigt sich. Oft haben kirchenferne Menschen auch weniger Vorurteile als Leute mit kirchlichen Wurzeln.

Darf ein Priester seine engsten Verwandten selbst beerdigen?

Ja, wenn er will.

Würdest Du das wollen?

Weiß ich nicht genau, ich glaube, ich würde es gern gemeinsam mit einem anderen Priester machen.

Wie gibt man einem Priester Feedback zu seiner Predigt, die man nicht gut fand?

Auf jeden Fall sollte man es tun, weil wir es brauchen. Am besten ansprechen. Man sollte vielleicht nicht auf etwas herumreiten, sondern zentrale Defizite höflich beim Namen nennen.

Wie gehst Du mit Kritik um?

Vermutlich gerate ich zu schnell in eine Abwehrhaltung, bevor ich das erst einmal annehme. Aber im Endeffekt bin ich doch sehr beratungsbereit und versuche, die Kritik zu beherzigen.

Ökumenische Hochzeit in Münster

Wie willst Du als Priester jemandem in seinem Alltag helfen, wenn Du selbst herausgelöst aus der Gesellschaft und in einer geistlichen Blase lebst?

Das ist natürlich eine Unterstellung. Wenn ich herausgelöst aus der Gesellschaft und in einer geistlichen Blase leben würde, würde ich sicher bei vielen Dingen nicht glaubwürdig sein. Ich weiß auch, dass ich nicht lebe wie viele andere. Aber ich glaube schon, dass ich in vielen Dingen nicht abgehoben und weltfremd bin.

Was erzählst Du in Ehevorbereitungsgesprächen und bei Trauungen, wenn Du nicht weißt, wie es ist, eine Frau zu lieben?

Ich weiß, wie es ist, eine Frau zu lieben.

Was ist der Unterschied zwischen einem symbolischen Verständnis vom Abendmahl und dem des katholischen Glaubens an die Gegenwart Gottes in Brot und Wein?

Ein Symbol steht für einen anderen Gegenstand. Und im Glauben der Eucharistie sind Brot und Wein keine Symbole, sondern sind selbst der Gegenstand, worauf das Symbol hinweisen würde. Sie sind selbst Jesus Christus.

Muss man, um an Gott zu glauben, auch an die Kirche glauben?

Erst einmal ist wichtig, eine Beziehung zu Gott zu haben. Aber letztlich hilft einem eine kirchliche Gemeinschaft — und sei es eine andere als die katholische –, um diesen Glauben zu leben und ihn lebendig zu halten. Deswegen ist Kirche notwendig.

Liberal, konservativ oder gar fundamentalistisch. Ist die Lagerbildung in der Kirche Deiner Meinung nach ein Problem?

Ja, es ist ein gewisses Problem. Die Probleme gab es aber immer schon. Es wäre schön, wenn die Lager mehr aufeinander zugehen würden, aber sie müssen sich ja nicht auflösen. Wenn wir jetzt überall nur Mitte hätten, wäre es ja auch super langweilig.

Was ist Deine Vision für die deutsche Kirche?

Dass sie immer mehr aus einer Beziehung zu Jesus Christus lebt und dadurch andere mitnimmt und zu ihm führt.

Die St. Anna Kirche in Münster-Mecklenbeck

Wenn das Zölibat aufgehoben werden würde, würdest Du Dir dann erlauben, Dich wieder zu verlieben und auch zu heiraten?

Ich erlaube mir momentan auch, mich zu verlieben. Da gibt es kein Verbot. Aber ich würde zölibatär bleiben wollen.

Ist Selbstbefriedigung erlaubt für Priester?

Selbstbefriedigung ist eine Sünde für jeden, aber sicher sind Priester nicht mehr davor bewahrt, sich zu befriedigen als andere Menschen. Es ist eine falsche Kompensation. Da kann man jetzt viel darüber sagen. Es ist in jedem Fall nicht gut.

Wie vereinbarst Du Deinen Glauben an die Schöpfungsgeschichte mit wissenschaftlichen Fakten?

Sehr gut, weil die Schöpfungsgeschichte nicht wörtlich zu nehmen ist. Trotzdem aber eben vom Wahrheitsgehalt her und von dem, was da geschildert wird, absolut ernst genommen werden muss — auch mit wissenschaftlichem Anspruch.

Wie unterscheidest Du, welche Ereignisse Gottes Wille sein sollen?

Wenn ich eine Frage habe, trage ich diese im Herzen, halte sie Gott hin und höre in mich hinein, was diese oder jene Entscheidung mit mir macht. Ich bin dann offen für die Schriftexte, Bibeltexte, die mir dann begegnen und achte darauf, wie Gott dadurch zu mir spricht.

Was stört Dich explizit an der Institution Kirche?

Er überlegt lang.

Vielleicht, dass sie aus Menschen besteht. Das ist natürlich das Schöne, aber auch das Problem, weil wir alle Sünder sind. Manche Sünder — oder Menschen — sind vielleicht in Positionen, in denen sie ihre Macht missbrauchen. Dinge laufen schief und werden nicht gestoppt. Aber ich bin davon überzeugt, dass am Ende das Gute überwiegt und siegt. Auch durch die Kirche, die von Sündern ist.

Ein Blick in Franziskus’ Büro

Stellst Du Dir Engel und Teufel personifiziert vor?

Das ist eine Frage, auf die ich eine halbe Stunde lang antworten könnte. Ich stelle sie mir nicht als Figur, aber als Jemand vor. Als eine Person — so, wie ich mir Gott auch als Person vorstelle. Jesus spricht in der Heiligen Schrift selbst immer wieder von dem Teufel und von den Engeln.

Was sagst Du zu der Geschichte, dass Abraham seinen Sohn Isaak töten sollte?

Ja, das ist eine krasse Geschichte. Die Aussage ist ja letztlich, bis zum Äußersten auf Gott zu vertrauen, dass er es schon gut meint. Viele hätten nicht so ein Vertrauen.

Die Bibel wurde von Menschen geschrieben. Ist sie trotzdem die Wahrheit für Dich?

Die Bibel ist das Wort Gottes. Sie spricht über die Wahrheit, aber sie ist nicht die Wahrheit. Das kann man etwa an den beiden Schöpfungsberichten ablesen, die es in der Bibel gibt. Auf den ersten Blick widersprechen sie sich an mehreren Stellen. Aber sie haben die gleiche Aussage: Die Schöpfung kommt von Gott, sie ist gut, und der Mensch hat eine besondere Stellung in ihr. Das ist die Wahrheit, die beiden Erzählungen zu Grunde liegt. Und die ist richtig.

Wo siehst Du Deinen Platz im Weinberg (die Frage hatten wir schon, aber ich find’ sie so toll)?

Irgendwo an einem Rebstock, der mittelgroß ist, der aber noch Arbeit hat fürs ganze Leben.

Was bedeutet Dir das Wort „Gott ist die Liebe“?

Dazu könnte ich stundenlang etwas sagen. Das ist tiefste Wahrheit, weil wir in der Liebe Gott erfahren. Er hat sich uns in absoluter Liebe geschenkt, wir können uns ihm auch schenken.

Und „Die Liebe überwindet den Tod“?

So verloren man sich auch fühlen kann und so sinnlos alles scheint: Die Liebe ist größer und triumphiert am Ende.

Hier hat eine schon lange mit einem Priester zu tun und traut sich nicht, die Frage selbst zu stellen. Was bedeutet Priestern Freundschaft? Also nicht im religiösen Sinne, sondern im Alltag?

Ich denke, Freundschaften sind essenziell für jeden Menschen. Wenn wir keine Freundschaften leben, dann wird es schwierig, weil wir Bindungen brauchen. Deswegen brauchen erst recht auch Priester gute Freundschaften.

Was würde mit Deinem Glauben passieren, wenn Du aus irgendeinem Grund nicht mehr dazu kämest, regelmäßig zu beten?

Das, was ich tue, stünde dann auf wackeligen Füßen und würde wahrscheinlich immer mehr verflachen und unglaubwürdiger werden. Wenn die Beziehung zu Gott nicht mehr da ist, würde ich irgendwann vermutlich kaputtgehen.

Nichts verpassen? Ihr könnt mir auch auf Facebook und bei Twitter folgen. Neben den Blogeinträgen gibt es dort weitere Beobachtungen, Fotos und Ohrwürmer.

--

--